Mit digitaler Achtsamkeit zur besseren Employee Experience

Letzte Woche fand in Köln die Zukunft Personal 16 statt. Das Leitthema der Messe „Arbeiten 4.0 – The Employee Experience“ ist das Motto der aktuellen Blogparade. „Vergessen wir vor lauter Digitalisierung bisweilen die Mitarbeiter?“ ist die zentrale Frage. Eine berechtigte Frage oder?

Gibt es da etwa eine Trendwende? Und das noch lange bevor alle Beteiligten überhaupt auf den Zug aufgesprungen sind? Ich berate und begleite im HR Bereich und bekomme so die unterschiedlichsten Fragestellungen mit, mit denen sich HR beschäftigt. Digitalisierung nimmt dabei einen sehr geringen Stellenwert ein. Vernachlässigbar muss ich sagen. Höre eher solche Aussagen:

  • „Digitalisierung? So was wie elektronische Personalakte? Wäre sicher fein, aber so ein Aufwand, die ganzen Akten zu digitalisieren.“
  • „Digitalisierung? Geht’s da um die automatische Vorauswahl von Bewerbern? Ich weiß nicht so recht.“
  • „Digitalisierung? Wir sind HR und nicht IT, das geht uns nichts an.“

Wie können also die Mitarbeiterinnen in Vergessenheit geraten, wenn doch sowieso niemand Interesse an der Digitalisierung hat 😉
Digitalisierung soll für höhere Wettbewerbsfähigkeit, erfolgreicheres wirtschaften und Innovationskraft sorgen – nicht unbedingt Themen, mit denen sich HR bisher auseinandergesetzt hat (wie immer gilt: Aussnahmen bestätigen die Regel!). Personalverrechnung und Arbeitsrecht, ja klar, aber ansonsten beschäftigen wir uns doch lieber mit Soft Skills. HR-lerinnen haben ja grundsätzliche alle „gerne mit Menschen zu tun“ und sind „nicht so die Zahlenmenschen“, „IT-affinität“ eher auch nicht. Also „vergessen wir vor lauter Digitalisierung bisweilen die Mitarbeiter?“ – nein, die Sorge habe ich nicht, wirklich nicht.

Digitale Karrieremesse, Chatbots im Recruiting, Candidate Experience, New Work und und und – alles Schlagwörter und Themen mit denen sich HR beschäftigt beschäftigen sollte.

  • Wie viele HR Abteilungen setzen im Recruiting noch auf Outlook & Co anstatt sich einem für beide Seiten also Recruiterinnen UND Kandidatinnen komfortablen ATS zu bedienen?
  • Wie viele Führungskräfte müssen noch einen „Urlaubsantrag“ ihrer Mitarbeiterinnen unterschreiben?
  • Wieviele Mitarbeiterinnen müssen die Belege einer Dienstreise sammeln, eine Excel Aufstellung machen und die Originalbelege per Hauspost in die HR Abteilung schicken?
  • Wieviel Zeit verbringen Sie denn in Meetings, in denen Sie persönlich anwesend sind?
  • Wieviele Mitarbeiterinnen haben einen fixen Schreibtisch, obwohl sie maximal an 2 Tagen pro Woche im Office sind?

Ich könnte hier noch endlos viele Beispiele anführen, aber es ist wohl deutlich, worum es geht. Digitalisierung ist Neuland für HR. Schon im letzten Jahr hat es übrigens eine Blogparade genau zu diesem Thema gegeben: Was hat HR mit der verdammten digitalen Transformation zu tun, verdammt noch mal?!

Um noch kurz eine Antwort darauf zu geben: noch immer wenig bis gar nichts. Und ich habe eine Vermutung woran das liegen könnte. Nicht nur, dass aktuell viel Unsicherheit herrscht aufgrund von Meldungen wie „Digitalisierung führt zu Jobverlust“ oder „Roboter machen uns arbeitslos“ die in den Medien kursieren, ist es wohl schlichtweg so, dass die meisten HRler es vielleicht „spooky“ finden (kurz vor Halloween kann man den Begriff auch mal verwenden 😉 wenn sie z.B. auf Amazon nach einem Kochbuch für Veganer suchen und plötzlich themenverwandte Werbung auf Facebook sehen. Und ich nehme mich gar nicht aus, es geht mir mitunter gleich, obwohl ich weiß, was dahintersteckt (Retargeting z.B.).

Ach ja, wer Sorge hat, dass künftig ein Roboter den Job übernehmen wird, kann hier mal testen. Die Beispiele sind für den deutschen Arbeitsmarkt konzipiert, aber suchen Sie doch mal nach „Recruiting“. Keine Panik, gute Aussichten 🙂
Welche Rolle spielt die (digitale) Employee Experience im Recruiting und beim Employer Branding?“ lautet eine der konkreten Fragestellungen, mit der wir uns im Rahmen der Blogparade beschäftigen sollen. Ich komme mir langsam vor, wie so eine alte Schallplatte (darf man das in einem Artikel in dem es um Digitalisierung geht überhaupt schreiben „Schallplatte“?), die einen Sprung hat und sich ständig wiederholt. Wenn wir die Zielgruppe nicht verstehen – unabhängig davon ob es sich um potentielle oder um bestehende Mitarbeiterinnen handelt – spielt die Employee bzw. Candidate Experience auch keine Rolle. 


Ein Report von Accenture sieht in der Digitalisierung eine Verbesserung für Arbeitnehmerinnen. „Im Kampf um die besten Köpfe investieren Arbeitgeber in Employee Experience Design, die ganzheitliche Gestaltung, wie Menschen ihre Arbeitsumgebung erleben. Denn der digitale Lebensstil hat die Arbeitswelt verändert, vor allem im Dienstleistungssektor. Menschen gewöhnen sich an flexibles, selbständiges Arbeiten. Mitarbeiter erwarten heute weniger starre Arbeitsformen und eine bessere digitale Ausstattung. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, die unterschiedlichen Ansprüche mehrerer Generationen (Baby Boomer, Generation X, Millennials, Generation Z) in Einklang zu bringen.“ heißt es da.

„… wir brauchen eine digitale Achtsamkeit, einen kreativen Umgang mit Digitalisierung“ meint Matthias Horx in der Studie „Digitale Erleuchtung„. Und stellt gleich eine Frage in den Raum: “ … ist das Digitale nicht längst Alltag“?

Die Riesen-Herausforderung für HR wird es daher sein, Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmerinnen bei der Digitalisierung zu begleiten, und dass ohne selbst so richtig zu verstehen, worum es dabei eigentlich geht. Sich also sinngemäß gleich selbst zu begleiten. Denn digitale Experience im beruflichen Kontext fehlt den meisten schlichtweg.

Vergessen wir vor lauter Digitalisierung bisweilen die Mitarbeiter?“ Viel wichtiger wäre aus meiner Sicht die Frage, wie HR es schafft, sich die Digitalisierung zu Nutze zu machen, damit Mitarbeiterinnen wieder in den Fokus gerückt werden können. Sind ja schließlich unsere wertvollste Ressource im Unternehmen.

Herzliche Grüße

Claudia

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