Diskriminierung im Recruiting

Bisher waren meine Beiträge in den Sommermonaten vor allem als Inspiration gedacht und eher leicht zu lesen (auch mal am Strand oder auf der Terrasse) – Diskriminierung im Recruiting ist im Vergleich dazu vielleicht nicht die leichteste Sommerlektüre. In diesem Blogbeitrag möchte ich aber ein Versprechen einlösen: Nämlich mich mehr dem Thema Diskriminierung zu widmen und dir zu helfen, künftig möglichst diskriminierungsfrei im Recruiting zu agieren.

Möglichst diskriminierungsfrei, weil ich überzeugt bin, dass es selbst mit den besten Absichten eigentlich nicht möglich ist, komplett vorurteilsfrei – ohne Bias – zu agieren. Eva Stock hat das in ihrem Blogbeitrag „Sind wir nicht alle ein bisschen rassistisch?“ wunderbar formuliert.

Bei meinen Vorträgen und Workshops zu Social Media Recruiting und Active Sourcing kommen die Worst Practise Beispiele besonders gut an, mir ist es aber wichtig zu zeigen, wie man Recruiting besser und origineller machen kann. Dazu gehört es auch, die weniger lustigen Themen konkret anzusprechen. Mir wurden nach der Veröffentlichung des Blogbeitrags zu Rassismus im Recruiting unzählige Beispiele geschickt von – keine große Überraschung – ausschließlich Frauen, die entweder als Bewerberin, aber auch als Recruitingverantwortliche diskriminierende Erfahrungen gemacht haben. Ein paar davon habe ich hier für dich zum Nachlesen:

  • In einem Modeunternehmen wurden Bewerbungen nach „hübsch“ und „hässlich“ gefolgt von „dick“ und „schlank“ selektiert. Man wollte im Unternehmen ausschließlich schöne Menschen (eigentlich schöne Frauen) haben. Auch wenn jemand die passende Erfahrung mitgebracht hat aus der gleichen Branche, wurde dieser Person abgesagt.
  • Eine weibliche Führungskraft hat nach den Kennenlerngesprächen zu mir gesagt: „Also die erste Kandidatin ist so dünn, die ist vermutlich magersüchtig. Somit nicht stressresistent, das geht nicht. Die zweite ist dick also undiszipliniert, das geht auch nicht.“
  • Ein ehemaliger Chef hat hübscheren Frauen den Vorzug gegeben. Er wollte nur schöne Frauen um sich haben. Er hat sogar extra einen Schuhschrank bauen lassen für High Heels, damit alle um ihn herumstöckeln.
  • Ein Geschäftsführer eines bekannten Unternehmens hat mich im Bewerbungsgespräch gefragt, wie ich so zu meiner großen, privaten Veränderung stehe. Die Frage zielte auf meinen anstehenden 30. Geburtstag ab und die dazu gehörende „biologische Uhr“. Er meinte, dass er mich zwar toll findet, aber er möchte jemand langfristig haben, und nicht jemanden, der beginnt um dann nur mehr Teilzeit zu arbeiten.
  • Ich werde sehr oft nach meiner Herkunft gefragt. Woher ich denn „ursprünglich“ kommen würde. Klar, man kann meinen Nachnamen nicht direkt zuordnen, aber manchmal ist es schon ein bisschen irritierend, wenn man das im Bewerbungsgespräch vom Bewerber gefragt wird… auf die Frage, ob es noch Fragen gibt. 😉 Wenn ich antworte, dass ich aus Graz, Steiermark komme, werde ich zum Teil gefragt, wo meine Wurzeln liegen und woher meine Eltern kommen. Der Grat zwischen Interesse und damit verbundenen Vorurteilen ist irgendwie sehr schmal, und manchmal ist das einfach eine unangenehme Situation. Aber dennoch kommen solche Dinge im Alltag häufig vor, wahrscheinlich ohne dass man sie direkt wahrnimmt.
  • In Bewerbungssituationen hab ich gemerkt, wie sehr Frauen eigentlich diskriminiert werden – und zwar systematisch. Immer wieder fiel mir auf, wie dennoch eine Frage zu meiner Familienplanung unausgesprochen im Raum stand, die die Recruiter nicht stellten, obwohl sie es eigentlich unbedingt wissen wollten. Und dann hab ich es ausprobiert und einfach gesagt: „Ich bin übrigens mit einer Frau zusammen.“ Wumm!!! Die Erleichterung konnten die gut trainierten und erfahrenen Recruiter nicht verbergen. Es war offensichtlich, dass die Recruiter glaubten, dass über einer kinderlosen Frau Ende 30 die Störche wohl schon kreisen müssten. Im Übrigen kenne ich viele lesbische Paare mit Kindern, aber das scheint ja so manchen Horizont zu übersteigen. Mir war klar, dass ein ungewöhnlich frühes Outing mich vor dieser Art von Diskriminierungen schützt, aber ich finde es trotzdem traurig, womit wir Frauen uns ständig herumschlagen müssen.
  • Der Eigentümer einer Personalberatungsfirma fragte mich, ob ich wohl einen gut verdienenden Mann hätte, weil mein Job (in seiner Firma) am Anfang kaum was abwerfen würde.

[bctt tweet=“Hast du diskriminierende Situationen auch schon erlebt? Als Bewerberin oder auch als Recruitingverantwortliche? Wie gehst du damit um?“ username=“lorber_claudia“]

Bitte schreib mir, ich möchte diese Erfahrungen gerne regelmäßig veröffentlichen (natürlich anonym). Nicht, um jemanden an den Pranger zu stellen, sondern damit wir voneinander lernen können. Meine Hoffnung ist, dass wir dadurch alle aufmerksamer werden – damit Recruiting wieder einfach wird.

Herzliche Grüße
Claudia

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