Das war die SOCIAL MEDIA RECRUITING CONFERENCE 2016 in Wien

Seit 2011 findet die SOCIAL MEDIA RECRUITING CONFERENCE jährlich in Wien statt. Sie hat sich im Laufe der Jahre zur führenden Konferenz zum Thema Social Media Recruiting in Österreich entwickelt. Wir beschäftigen uns auf der Konferenz mit brennenden Fragen zu Themen wie Recruiting im Social Web, Mobile Recruiting, Active Sourcing, Guerilla-Recruiting und vielem mehr.

2011 habe ich an der ersten SOCIAL MEDIA RECRUITING CONFERENCE teilgenommen und heuer war es wieder einmal so weit: am Dienstag habe ich mich gemeinsam mit über 40 anderen Interessierten auf Social Media Recruiting konzentriert. Für alle, die nicht dabei sein konnten, kommt hier eine Zusammenfassung.

Nach einer launigen Begrüßung durch Frank Sitta, unseren Gastgeber, folgte der erste Vortrag „Zahlen sind sexy! Erfolgreich dank KPI für Employer Branding und Personalmarketing“ von Jan Kirchner. Jan und Alexander Fedossov von der Wollmilchsau GmbH (damals noch als atenta GbR) haben die Konferenz 2010 übrigens gemeinsam mit PERSONAL | inform ins Leben gerufen.

Auf die Frage „Wer arbeitet bereits mit KPIs im Recruiting?“ haben sich nur recht wenige gemeldet ;-(.
Viele möchten gerne ein Dashboard mit KPIs, schauen die Zahlen aber dann nicht an. Zahlen führen ein stiefkindliches Dasein im Recruiting. Basis für die Auswahl der KPIs ist eine konkrete Fragestellung im Vorfeld. Hier ein paar mögliche Kennzahlen im Überblick:

  • Time to fill
  • Time to interview
  • Cost per hire
  • Cost per application
  • Cost of vacancy
  • Offer acceptance rate
  • Quality of hire
  • Retention rate

Für den Start sollten Sie folgende Fragen beantworten können:
Kennen Sie die Zugriffszahlen auf Ihre Karriereseite? Wissen Sie wie viele Bewerberinnen die Jobbörse besuchen (ca. 30 % kommen dort nämlich gar nicht hin) und wieviele die Stellenanzeige sehen? Wieviele suchen mobil? Nur 7 % der börsennotierten Unternehmen in Österreich haben ein mobiloptimiertes Bewerbungsformular.

Wer wissen möchte, wie es um die eigene Karriereseite bestellt ist kann hier mal eine Reichweite Check anfordern.

Wie misst man nun Social Media Employer Branding?
Fans auf Facebook sind keine Erfolgsgarantie im Recruiting, sondern ein Nebenprodukt, die Kennzahlen müssen transaktionsbasiert sein, zum Beispiel: wie viele Bewerbungen erhalte ich für die Traineeposition über Facebook?

Und sollten Sie gerade dabei sein, eine Bewerbungsmanagementsystem zu implementieren, dann fragen Sie doch mal nach, ob Sie diese Frage über das Dashboard beantworten könnten!

Christian Lamp von P8 Marketing brachte ein Praxisbeispiel:
Wenn aus Fans Mitarbeiter werden Smart Recruiting mit Facebook Ads
Ausgangssituation: Subway möchte in ganz Deutschland Franchisenehmer rekrutieren. Facebook wurde als geeigneter Kanal identifiziert. Die Herausforderung war, Aufmerksamkeit zu generieren.
Trigger für Aufmerksamkeit sind:

  • Identifikation
  • Interesse
  • Umstände
  • Lokale Nähe

Anzeigen müssen qualitativ hochwertig sein und müssen den User glücklich machen. Keine Angst vor höheren Klickzahlen, denn diese bedeuten geringere Kosten. Nachteil: eine Kampagne funktioniert nicht besonders lange, muss daher regelmäßig verändert werden.

Learnings:
Menschen auf Bildern funktionieren besser. Das „richtige“ Bild kann die Conversation Rate massiv beeinflussen. Regionaler Fokus war in diesem Fall wichtig. Ein Hilfsmittel können Facebook Lookalikes sein: Lookalike Audiences bieten eine Möglichkeit, um neue Personen zu erreichen, die an deinem Unternehmen interessiert sein könnten, da sie wichtigen Kunden ähneln.

Jutta Perfahl-Strilka von der XING E Recruiting GmbH brachte einige hilfreiche Facts zur Zielgruppenanalyse „Sei gut und rede darüber – mit authentischem Employer Branding zum Erfolg
In Österreich gibt es fast 800.000 User davon sind 60 % der interessiert an einem Jobwechsel.
Der typische XING User ist

  • zwischen 20 und 49 Jahre alt,
  • markenbewusst,
  • Indivualist,
  • ein Innovator in Sachen Technik
  • 3 von 10 Internetusern lesen Arbeitgeberbewertungen
  • 2/3 davon lassen sich bei der Jobentscheidung beeinflussen und zwar je 50 % positiv und 50 % negativ
  • ¾ aller Arbeitnehmern sind latent suchend
  • nur ¼ sucht aktiv

Die Time to hire dauert im Schnitt 55 Tage länger als ursprünglich geplant, das kann bis zu 40 % Umsatzverlust führen.

Paradigmenwechsel: Bewerber sucht sich aus, wo er arbeiten will, nicht Unternehmen sucht sich den Mitarbeiter aus. XING bringt Reichweite und damit Kandidatinnen. Authentizität schafft Differenzierung im Employer Branding. HR und Marketing müssen sich die Hand geben und gemeinsam die Employer Brand aufbauen und pflegen!

Das XING Employer Branding Profil liefert auch ein Dashboard wo man KPIs direkt ansehen kann, z.B. wer sind Ihre Besucher und Follower.
Top 3 Benefits, die Arbeitnehmerinnen wichtig sind:

  1. Flexible Arbeitszeiten
  2. Homeoffice
  3. Hund

Stärken der Unternehmen:

  • Kollegialer Zusammenhalt
  • Interessante Aufgaben
  • Arbeitsbedingungen

Schwächen der Unternehmen:

  • Work Life Balance
  • Vorgesetzenverhalten
  • Image

Passenderweise erreichte mich kurz vor Arnim Wahls Beitrag „Humanity back to HR – Mitarbeiterempfehlungsprogramme als Schlüssel zum Erfolg“ die Pressemitteilung über den Einstieg der JobCloud AG als Investitor bei firstbird.

Recruiting über Empfehlungen lohnt sich: Die Qualität der Bewerbungen ist meist höher, jeder 3. Kandidat der über eine firstbird Empfehlung kommt wird auch eingestellt. Empfehlungen sind ein nachhaltiger Kanal, die so gewonnenen Mitarbeiterinnen bleiben am längsten im Unternehmen. Sie haben ganz andere Informationen haben als die, die „nur“ Bewertungsplattformen lesen. Außerdem kann der Recruiting-Prozess verkürzt werden und externe Dienstleistung eingespart werden.

Menschen glauben der Empfehlung anderer Menschen. Empfehlung ist die neue Währung.

Warum funktionieren Empfehlungen im Recruiting trotzdem oft nicht
? Es liegt (welch große Überraschung 😉 an der fehlenden Kommunikation! Mitarbeiterinnen vergessen nach einer gewissen Zeit, dass es Prämien gibt, wissen nicht, wer wofür eigentlich gesucht wird. Außerdem ist die Empfehlung nicht Teil des eigentlichen Jobs daher braucht es ein ständiges Dankeschön. Das müssen nicht immer Geld-Prämien sein, ein paar Beispiele

  • Meetingräume werden temporär nach Empfehlerinnen benannt
  • Ein zusätzlicher Urlaubstag
  • einen Firmenparkplatz

Motivierend ist es, auch mal eine Prämie zu vergeben, wenn es nicht zu einer Einstellung führt. Unbedingt notwendig ist ein Feedback an die Empfehlerinnen.

Teamwork im Recruiting lohnt sich, verabschieden wir uns von Human Resources und denken wir in Human Connections!“
Stefan Göppel, Talent Sourcer bei BFFT GmbH in Ingolstadt „Sourcing ist kein Sprint sondern ein Marathon
Sourcer und Active Sourcer werden vermehrt ausgebildet, um für das eigene Unternehmen Mitarbeiterinnen zu finden. DIE EINE Recruiterin kann nicht mehr alles leisten:

  • Personalmarketing
  • Bewerbungsmanagement
  • Sourcingmanagement
  • Recruitingmanagement
  • Employer Branding

Sourcing ist Know How über Plattformen, die Nähe zur Zielgruppe und wissen, wo sich Menschen bewegen, die wir aufspüren können.
Basis Know How für Sourcer:

  • Semantische Suche
  • Boolsche Suche

Welche Suchmöglichkeiten haben wir, welche Ergebnisse generiere ich mit welchem Suchstring? Je mehr Zeit man für die Identifikation der Keywords und für die Vorbereitung aufwendet umso besser sind die Ergebnisse und desto schneller funktioniert die Suche da die Ergebnisse passgenauer sind.

Sourcing Skills

  • Anforderungsprofil wirklich verstehen
  • Branchen Know How
  • Suche organisieren
  • Zeit in Nachforschung investieren
  • Einen universellen Such String erstellen, laufend Überprüfung und Optimierung
  • kulturabhängig Unterschiede beachten
  • Über den Tellerrand hinausdenken
  • Technologie ist nicht alles, Mitdenken ist gefragt, auch wenn es viele Tools gibt


Kann ein guter Recruiter denn auch ein guter Sourcer sein
?
Andreas Schütz von TaylorWessing „Rechtssicheres Recruiting
Die wichtigste Info zuerst: der Jurist ist immer der Spielverderber und bei allen Rechtsfragen zu Recruiting gibt es eine richtige Antwort nämlich: „es kommt darauf an“ 😉

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, alles was ich im Bewerbungsgespräch fragen darf, darf ich auch im Internet nachschauen, alles andere nicht. Auch beim Backgroundcheck gilt es, die Privatsphäre des Bewerbers im Web zu beachten. Die Konsequenz ist nicht unbedingt eine Strafe durch den Betroffenen aber in einem möglichen Gerichtsverfahren auch nicht von Vorteil.

Vorsicht beim Abwerben von Mitarbeitern, ansprechen darf man nur, wenn Nutzer erkennbar einverstanden ist. Das Sammeln von Bewerberdaten ist verboten und eine Einwilligung zur Datennutzung erforderlich.
Social Media Recruiting ist eine juristische Querschnittsmaterie und berührt folgende Bereiche: Arbeitsrecht, Datenschutz, Telekommunikationsrecht, Urheberrecht, Markenrecht, Unlauterer Wettbewerb.
Tipps:

  • Bei der Zusammenarbeit mit Agenturen und/oder Fotografen immer alle Rechte einräumen lassen.
  • Eine Social Media Policy erstellen und in einer
  • Firmenpolicy den Umgang mit private Mails regeln

Fazit: eigentlich sind alle Sourcer Verbrecher 😉

Jürgen Pfeiler „Employer Branding der Weg der S Versicherung
Der ideale Prozess, wie er im Lehrbuch steht beginnt mit einer Analyse und nicht mit dem externen Employer Branding
Was sind Ecken und Kanten, wie sieht unser Profil aus? Was sind unsere Schwächen? Das macht die Unternehmenskultur aus!
Der Weg hängt immer von den Rahmenbedingungen ab und funktioniert nicht für alle gleich gut.
Start war eine Mitarbeiterbefragung und das „Kennenlernen“ der eigenen Mitarbeiter zum Beispiel, wie viele Mitarbeiter pendeln, wie viele haben Familie, etc.
Bewusste Entscheidung für das Audit für Beruf und Familie
Die Führungskräfte an Bord zu holen ist essentiell ebenso wie eine ausgeprägte Feedbackkultur.
Identifikation ist den meisten Mitarbeitern mehr wert als mehr Bezahlung.
Wenn die eigenen Mitarbeiter am Markt begehrt sind, hat man alles richtig gemacht 😉 und ist am Weg zum Employer of Choice!

Martin Camphausen „Teamgeist erleben, wie man über Social Media eine Arbeitgebermarke im Krankenhaus erlebbar macht
Ist Leiter Unternehmenskommunikation und Pressesprecher der Frankfurter Rotkreuz-Kliniken. Das Thema Personalmarketing ist bei ihm „gelandet“.
Fachkräftemangel im Pflegebereich ist keine Zukunftsmusik, sondern jetzt aktuell. Wenn sich schon mal eine Pflegekraft bewirbt, dann muss man ihr das so einfach wie möglich machen. Dies wurde umgesetzt, der Prozess ist kurz und knackig. Es gibt die Möglichkeit zu einem „Kommentar“, auf diesen dann beim Bewerbungsgespräch gleich eingehen. Pflegekräfte sind begehrt, müssen sich nicht bewerben. Sind tendenziell nicht mobil, das Gehalt ist überall gleich, also muss die Arbeitgebermarke punkten. Gelebte Arbeitgebermarke funktioniert nur mit echten Markenbotschaftern, die die Kampagne auch mitgestaltet haben. Es wurde eine wertebasierte Employer Branding Kampagne konzipiert, die Mitarbeiter haben die Werte bestimmt.

Wir nehmen nicht nur die Superstars sondern einfach alle, die dazugehören, mit ins Video und in die Kampagne und zeigen echte Aussagen von echten Mitarbeitern. Die Mitarbeiter machen die Marke erlebbar, Fotos wurden auf facebook etc. geteilt.
Die Angst vor dem Shitstorm war groß, aber wie soll es einen Shitstorm geben, wenn keiner weiß, dass es uns gibt?
Unser Erfolgsweg: vernetzte Kommunikation & Personal. Bewerbungen sind sowohl quantitativ als auch qualitativ gestiegen.

Not macht erfinderisch, Fachkräftemangel produziert coole Kampagnen – probiert mal was aus!
Ich fand die Organisation im Vorfeld und auch am Konferenztag selbst top und konnte wieder einige Impulse und Ideen mitnehmen. Jetzt frage ich mich nur noch, warum so wenige Recruiterinnen in Österreich am Thema interessiert sind? Eigentlich hätte der Konferenzraum komplett voll sein müssen. Vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr?!

Herzliche Grüße

Claudia

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