Warum sind Absageschreiben an Bewerber:innen wichtig?
Es ist traurig, aber wahr: Viele Bewerberinnen erhalten nach wie vor keine Rückmeldung auf ihre Bewerbung. Ich bin wirklich immer auf deiner Seite und versuche dir zu helfen, deinen Job so einfach wie möglich zu machen. Aber bei einem Thema verstehe ich keinen Spaß und lasse keine Ausrede gelten: jede Bewerbung MUSS auch eine Antwort erhalten. In Zeiten von Automatisierung (mittels Bewerbungsmanagementsystem) oder ganz einfach zu erstellenden Textbausteinen ist keine Rückmeldung schlicht und einfach ein NO GO. Nachdem ich 2017 bereits darüber gebloggt habe, was die wahren Gründe für Absagen sind und warum du keine Angst vor Absagen haben solltest, findest du in diesem Blogbeitrag nicht nur Tipps für die Formulierung, sondern sogar Vorlagen von meiner Textpertin Margit, die du gerne übernehmen kannst.
Wann solltest du das Absageschreiben wegsenden?
Ganz einfach: Sobald du die Entscheidung getroffen hast, dass die Person nicht zu deinem Unternehmen oder den zu besetzenden Job passt. Wenn du merkst, dass nach einem Telefonat oder einem Gespräch klar ist, dass es nicht passt, solltest du sofort Bescheid sagen. Wenn du (oder deine Führungskraft) etwas mehr Zeit brauchen ist das auch okay. Dann melde dich aber nochmals und gib Bescheid.
Auf welchem Weg übermittelst du die Absage am besten?
Das hängt von zwei Faktoren ab: wo im Prozess steht ihr gerade und wie hat sich deine potenzielle Mitarbeiter:in beworben?
Bei einer Absage direkt nach der Bewerbung ohne einen zusätzlichen Kontakt, sende die Bewerbung am gleichen Weg, wie du sie erhalten hast. Das wird häufig per E-Mail sein, könnte aber auch eine SMS Nachricht sein.
Wenn bereits ein Kennenlernen stattgefunden hat – egal ob telefonisch, digital oder persönlich, dann rufe unbedingt an. Das zeugt von Wertschätzung und du kannst, trotz Absage, noch einen guten Eindruck hinterlassen.
Bitte keine 08/15 Sätze
„Wir freuen uns sehr über Ihre Bewerbung für die Stelle als … bei uns. Leider haben wir keine freie Stelle in unserer Organisation zu vergeben. Wir bedauern sehr, dass wir Ihnen kein positives Absageschreiben senden können, aber wir hoffen, dass Sie unser Unternehmen weiterhin unterstützen und sich bei einer zukünftigen Gelegenheit erneut bewerben.“
Kommt dir dieser Text bekannt vor? Vermutlich ja, denn so oder ähnlich sind die meisten Absageschreiben formuliert.
Versteh mich nicht falsch, es geht nicht darum, dass du dir jedes Mal aufs neue überlegst, was du schreiben kannst.
Aber: Einmal Zeit nehmen und ordentlich formulieren hilft ungemein, die Candidate Journey positiv abzuschließen – auch ohne Zusage.
Tipps für die Formulierung
Sprich Bewerber:innen persönlich an
Eine persönliche Anrede ist Pflicht! Bleibe dabei in der gleichen Tonalität, wie sie Bewerber:innen auf deiner Karriere Website oder in den Jobinseraten finden.
Die einzige diskriminierungsfreie Anrede in der deutschen Sprache ist übrigens: „Guten Tag Vorname Nachname“ oder „Hallo Vorname“. Je nach Alter deiner Bewerber:innen, Funktion oder auch deiner Branche, kann es auch informeller sein.
Bedanke dich
Klingt banal? Zugegeben, das ist es auch. Aber es gehört zum guten Ton und drückt deine Wertschätzung aus (das habe ich auch in diesem Video auf Recruiting TV erläutert).
Nenne den Job
Gib unbedingt bekannt, für welchen Job sich die Person beworben hat. Das löst ein Bewerbungsmanagementsystem mit einem vordefinierten Feld übrigens ganz einfach für dich.
Formuliere klar
Ich habe schon Absageschreiben gelesen, die so höflich formuliert waren, dass ich mir nicht ganz sicher war, ob das jetzt wirklich eine Absage ist.
Erstelle unterschiedliche Vorlagen
Mit ca. vier unterschiedlichen Vorlagen für Absageschreiben bist du richtig gut unterwegs.
- Junior oder Berufseinstieg – du bzw. Sie
- Berufserfahrene – du bzw. Sie
Wenn du gerne noch die Extrameile gehen willst (ja, es zahlt sich aus!) dann unterscheidest du noch nach Funktion. So kann ein Absageschreiben für Funktionen in der der IT anders formuliert werden als für Funktionen im Rechnungswesen.
So hebst du dich mit deinen Absageschreiben von anderen Unternehmen ab
- Gib IMMER die Möglichkeit zu einer direkten Kontaktaufnahme, um Rückfragen zu ermöglichen.
- Biete eine Alternative, zum Beispiel so: „registriere dich hier in unserem Talentepool“ Oder sag Bescheid, wo in welcher Abteilung und für welche Position eine Bewerbung sich vielleicht lohnt.
Das kommt dir aufwendig vor? Mag sein. Aber hinsichtlich Employer Branding kann dir da so schnell niemand das Wasser reichen.
Wenn du dich jetzt fragst, warum du dir so viel Mühe geben solltest, wenn du die Person ohnehin nicht einstellen wirst, kann ich das verstehen.
Aber: Die Entscheidung wird JETZT getroffen und ist möglicherweise nicht für die Ewigkeit. Dinge ändern sich und in zwei oder fünf Jahren, sieht es vielleicht schon wieder anders aus.
Jedes NEIN kann im Laufe der Zeit doch noch zu einem JA werden. Und eines Tages willst du eine/n ehemalige/n Bewerber:in dann vielleicht doch an Bord holen. Was denkst du, wie du Chance erhöhen kannst, dass das klappt? Genau, indem du dich ins Zeug legst.
Texttipps für das Absageschreiben – von Textpertin Margit Wickhoff
Für diesen Blogartikel habe ich mir Verstärkung von Margit Wickhoff (Textagentur Wortspiel) geholt. Margit hat sich auf Neurotexting spezialisiert. Dabei geht es darum, Content so gehirngerecht zu gestalten, dass Leser:innen ihn besonders gut aufnehmen und verarbeiten können. Sie hat noch ein paar handfeste und wertvolle Tipps für den Aufbau und die Inhalte deiner Absageschreiben mitgebracht.
Ich werde meine erste Absage auf eine Bewerbung nie vergessen. Damals war ich 16 und habe mich für einen Ferialjob bei einer Grazer Werbeagentur beworben. Ich sehe den Brief bis heute vor mir.
Er begann mit einem Zitat von André Gide:
„So ist das im Leben: Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Die Tragik liegt darin, dass wir nach der geschlossenen Tür blicken, nicht nach der offenen. “
Der Geschäftsführer der Agentur wünschte mir einen wachen Blick für all die geöffneten Türen, die das Leben noch für mich bereithalten würde. Das ganze Schreiben war so herzlich, wertschätzend und bestärkend, dass ich die Absage schon fast dankbar aufgenommen habe.
Genau das wünsche ich mir auch für dich – du sollst deine Absageschreiben so verfassen, dass deine Bewerber:innen dich und dein Unternehmen auch über 20 Jahre später in bester Erinnerung behalten. Wie kannst du das erreichen?
Finde einen kreativen Aufhänger
Wie in dem von mir beschriebenen Beispiel braucht jeder guter Text – also auch ein Absageschreiben – einen Aufhänger. Das kann ein Zitat sein, eine Metapher oder eine aufmerksamkeitsstarke Headline. Auch ein humorvoller Zugang ist möglich – aber Achtung, hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt.
Ein Pharmaunternehmen könnte zum Beispiel den Betreff folgendermaßen gestalten:
Heute müssen wir leider bittere Pillen verteilen…
Eine Tischlereibetrieb könnte beginnen mit:
Wir klopfen auf Holz, damit es das nächste Mal besser läuft
Und ein Bankinstitut könnte den Einstieg so umsetzen:
Investieren Sie weiterhin in Ihre berufliche Zukunft
Du siehst, hier ist einiges an Denkarbeit gefragt, aber der Vorteil ist: Wenn du, wie von Claudia bereits empfohlen, mit Vorlagen arbeitest, hast du im laufenden Recruiting-Prozess dann keine Arbeit mehr damit.
Entwickle das Bild weiter
Ist der Einstieg erst geschafft, kannst du den Gedanken weiter aufnehmen und im Text ausbauen. Das könnte für das Pharmaunternehmen zum Beispiel so aussehen:
Heute müssen wir leider bittere Pillen verteilen
Sehr geehrte Frau X/ sehr geehrter Herr Y!
Obwohl unsere Produkte für höchste Qualität und hochwertige Inhaltsstoffe bekannt sind, haben unsere Nachrichten heute leider unangenehme Nebenwirkungen. Denn bedauernswerterweise müssen wir Ihnen mit diesem Schreiben eine Absage übermitteln.
Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Bewerbung als XY und Ihre damit verbundenen Bemühungen. Ihr Einsatz hat zwar nicht sofort zum Erfolg geführt, wir würden Ihre Unterlagen aber gerne in Evidenz halten. Denn genau wie der Arzneimittelmarkt entwickeln auch wir uns ständig weiter – so kann es gut sein, dass zwischen uns in Zukunft die Chemie stimmen wird.
Wenn Sie in unseren Bewerber:innen-Pool aufgenommen werden wollen, klicken Sie bitte auf diesen LINK, um zu bestätigen, dass wir Ihre Daten speichern dürfen.
Sehr gerne halten wir Sie darüber hinaus über offene Positionen in unserem Unternehmen am Laufenden. Melden Sie sich jetzt zu unserem Job-Ticker an, um keine Stellenausschreibung mehr zu verpassen.
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Sie haben noch Rückfragen oder wünschen sich ein persönliches Feedback zu Ihrer Bewerbung? Sehr gerne stehe ich Ihnen telefonisch unter XYZ zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ansprechpartner:in
Strukturiere deinen Text
Wie du im Beispiel sehen kannst, sind alle relevanten Informationen vorhanden:
- Danke für die Bewerbung
- Bewerber:innen-Pool
- Job-Ticker (Recruiting-Newsletter) für andere Positionen
- Ansprechpartner:in für Rückfragen
Damit dein Gegenüber die Inhalte gut erfassen kann, empfehle ich dir, die Textbausteine in gut portionierte Absätze zu packen und mit Fettsetzungen oder Zwischenüberschriften zu arbeiten. Ja, es sind schlechte Nachrichten, umso angenehmer ist es für Leser:innen, sie schnell lesen und sofort verstehen zu können.
Gib klare Handlungsaufforderungen
Ein E-Mail oder Brief ohne “Call to action” ist verlorene Liebesmüh für alle Beteiligten. Ja, das gilt auch für Absageschreiben! Denn gerade weil du keine positive Rückmeldung geben kannst, also eine Enttäuschung auslösen musst, kannst du Bewerber:innen gleichzeitig Hoffnung schenken.
Wer sich in den Bewerber:innen-Pool aufnehmen oder sich per Job-Ticker über andere Stellenangebote informieren lässt, kann eine neue Chance ergreifen und richtet den Blick auf die offenen Türen, statt auf die eben geschlossene. Und darum geht es doch im Leben, oder?
Absageschreiben – mein Fazit
Die meisten Unternehmen widmen dem Absageschreiben keine oder zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei kann es – richtig eingesetzt und vor allem gut formuliert – eine effektive Möglichkeit für die Steigerung der Candidate Experience sein.
Formuliere passende Absageschreiben – damit Recruiting wieder einfach wird.
Herzliche Grüße
Claudia
P.S.: Du möchtest Unterstützung bei der Formulierung deiner Absageschreiben? Margit und ich helfen dir gerne.
