Gastbeitrag: Welcher Vertrag für welche Mitarbeiterinnen?

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Gastbeitrag
Ich habe vor kurzem für den Blog von Heller Consult einen Gastbeitrag zum Thema „8 Wege neue Mitarbeiterinnen zu finden – mit wenig bis keinem Budget“ geschrieben und Isabelle Starkbaum
und Yvonne Reif haben im Gegenzug eine super Aufstellung über die unterschiedlichen Vertragsarten für neue Mitarbeiterinnen gemacht. Basic-Know How für Recruiterinnen sozusagen 😉

 

Welcher Vertrag für neue Mitarbeiterinnen?

Sobald Sie einen Recruitingprozess für neue Mitarbeiterinnen starten – vielleicht sogar für Ihre erste Mitarbeiterin ! – stellt sich auch diese Frage: Welches Vertragsverhältnis gehe ich mit der neuen Mitarbeiterin ein? Tatsächlich ist die Entscheidung für einen bestimmten Vertrag keine freie Entscheidung, sondern an ganz konkrete gesetzliche Bestimmungen gebunden.

In diesem Artikel beantworten wir für Sie die folgenden Fragen:

Welche Vertragsarten kommen grundsätzlich in Frage wie grenzen sich diese voneinander ab:

  • Echter Dienstvertrag
  • Freier Dienstvertrag
  • Werkvertrag
Was, wenn ich einen falschen Vertrag eingehe?
Welche Vertragsarten für Mitarbeiterinnen kommen in Frage?

 

Allein schon in dieser Frage liegt leider der Hund begraben: Denn korrekt betrachtet, kann ich es mir als Unternehmerin nicht aussuchen, welchen Vertrag ich mit meinen Mitarbeiterinnen bzw. externen Dienstleisterinnen abschließe. (Warum wir hier von externen Dienstleisterinnen sprechen, wird Ihnen spätestens beim Lesen des 3. Punktes „Werkvertrag“ klar sein.) Vielmehr müssen von Mitarbeiterin zu Mitarbeiterin genau festgelegte Kriterien geprüft werden. Daraus ergibt sich dann, welchen Vertrag ich eingehen kann bzw. muss!

 

Tipp: Eine Übersicht, in der die drei Vertragsarten gegenübergestellt werden, finden sie hier: http://blog.hellerconsult.com/checkliste-unterschiede-zwischen-dienstvertrag-freiem-dienstvertrag-und-werkvertrag/

 

Der echte Dienstvertrag

Echte Dienstnehmerinnen haben für die Arbeitgeberin eine Arbeitsleistung zu erbringen, wobei– rein vertraglich- kein bestimmter Erfolg festgelegt wird.

Ganz wesentlich für echte Dienstnehmerinnen ist, dass sie den Weisungen der Arbeitgeberin unterworfen sind – und zwar sowohl sachlichen als auch persönlichen Weisungen. Letztere beziehen sich etwa auf das Verhalten und die Arbeitsorganisation.Echte Dienstnehmerinnen sind voll in die Organisation des Betriebes eingegliedert, d.h. sie haben im Normalfall einen ihnen zugeordneten Arbeitsplatz inkl. aller benötigten Arbeitsmittel zur Verfügung.

      Die Arbeitszeit wird von der Dienstgeberin bestimmt – wobei es natürlich immer mehr flexible Zeitmodelle gibt, aber grundsätzlich besteht für Dienstnehmerinnen eine Anwesenheitspflicht.

Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsrecht und Lohnnebenkosten beim echten Dienstvertrag

Einkommensteuer: Echte Dienstnehmerinnen sind lohnsteuerpflichtig. Die Dienstgeberin zieht die Lohnsteuer ab und führt diese an das Finanzamt ab.

Sozialversicherung: Echte DienstnehmerInnen sind nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz zumeist bei einer der Gebietskrankenkassen versichert. Die Anmeldung erfolgt durch die Dienstgeberin, auch die Beiträge werden von der Dienstgeberin berechnet und abgeführt.

Arbeitsrecht: Die Lohn- bzw. Gehaltshöhe einer Dienstnehmerin muss unter Umständen dem jeweiligen Kollektivvertrag entsprechen. Wenn das der Fall ist, haben Dienstnehmerinnen Anspruch auf Sonderzahlungen sowie auf Entgeltfortzahlungen bei Krankenstand und Urlaub.

Lohnnebenkosten: An Lohn – bzw. Gehaltsnebenkosten fallen bei echten Dienstnehmerinnen 31,06% des monatlichen Bruttobezuges an.

Freier Dienstvertrag

Die wesentlichsten Unterschiede zur echten Dienstnehmerin sind folgende:
Die freie Dienstnehmerin ist auch weisungsgebunden, allerdings nur auf sachlicher Ebene. Sprich: Sie muss sich prinzipiell nicht vorschreiben lassen, wie sie ihre Arbeit abwickelt. Dementsprechend kann sie sich sowohl Arbeitszeit als auch Arbeitsort frei aussuchen. Per definitionem ist sie nicht in den Betrieb eingegliedert. In der Praxis haben aber häufig auch freie Dienstnehmerinnen einen Arbeitsplatz im Unternehmensgebäude zur Verfügung, da sie in der Regel auch die Betriebsmittel (PC, Software, IT-Infrastruktur, Büromaterial, etc.) der Dienstgeberin nutzen.
Freie Dienstnehmerinnen stellen eine Honorarnote an die Arbeitgeberin!

 

Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsrecht und Lohnnebenkosten beim freien Dienstvertrag


Einkommensteuer:
Die freie Dienstnehmerin ist einkommensteuerpflichtig! Sie muss selbständig eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt abgeben! Von der Arbeitgeberin wird nichts abgezogen!
Sozialversicherung: Wie die echte Dienstnehmerin wird auch die freie Dienstnehmerin von der Dienstgeberin bei der ASVG angemeldet. Die SV-Beiträge werden vom gestellten Honorar abgezogen. Achtung
– die SV ist von Ihnen als Dienstgeberin natürlich auch bei der Berechnung des Stundensatzes zu berücksichtigen.
Umsatzsteuer:
Die freie Dienstnehmerin unterliegt auch der Umsatzsteuer. Das heißt, wenn sie umsatzsteuerpflichtig ist, müssen die Honorarnoten mit Umsatzsteuer ausgestellt, verrechnet und auch ausgewiesen
werden. Monatlich bzw. quartalsweise muss dann eine Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) abgegeben werden. Die verrechnete Umsatzsteuer muss entsprechend der UVA an das Finanzamt abgeführt werden. Jährlich ist auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.
Arbeitsrecht:
Freie Dienstnehmerinnen unterliegen keinem Kollektivvertrag, das heißt Dienstgeberinnen sind nicht an eine bestimmte Honorarhöhe gebunden. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Sonderzahlungen oder Urlaubs- und Krankenstandsfortzahlungen.
Lohnnebenkosten: Die Lohnnebenkosten für freie Dienstnehmerinnen entsprechen fast denen einer echten Dienstnehmerin. Für das Jahr 2015 liegen sie bei 30,51% des monatlichen Bruttobezugs.

 

Werkvertrag

Werkverträge unterscheiden sich gravierend von echten und freien Dienstnehmerinnenverträgen. In einem Werkvertrag wird in der Regel die Erbringung eines bestimmten Werks bzw. Erfolgs vereinbart, z.B. die Produktion eines Videos, die Erstellung einer Webseite oder ähnliches. Ganz wesentlich ist, dass Werkvertragsnehmerinnen ihr Werk orts- und zeitunabhängig erbringen. Sie sind selbständige Unternehmerinnen. Das heißt sie sind aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht entweder Neue Selbständige oder Selbständige mit Gewerbeschein, die für ein anderes Unternehmen eine Leistung erbringen. Das heißt auch, dass sie über eigene Räumlichkeiten und eigene Betriebsmittel verfügen. In der Buchhaltung des beschäftigenden  Unternehmens werden die Kosten für eine Werkvertragsnehmerin als „Externe Kosten“ bzw. „Fremdleistungen“ erfasst.

Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsrecht und Lohnnebenkosten beim Werkvertrag

Einkommensteuer: Die Werkvertragsnehmerin ist selbständige Unternehmerin und damit einkommensteuerpflichtig! Sie muss selbständig eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt abgeben!

Sozialversicherung: Als selbständige Unternehmerin ist die Werkvertragsnehmerin bei der SVA pflichtversichert. Sie muss sich selbst bei der SVA melden und die Versicherungsbeiträge bezahlen.

Umsatzsteuer: Die Werkvertragsnehmerin unterliegt auch der Umsatzsteuer. Das heißt, wenn sie umsatzsteuerpflichtig ist, müssen die Honorarnoten mit Umsatzsteuer ausgestellt, verrechnet und auch ausgewiesen werden. Monatlich bzw. quartalsweise muss eine Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) abgegeben werden. Die verrechnete Umsatzsteuer muss entsprechend der UVA an das Finanzamt abgeführt werden. Jährlich ist auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.

Arbeitsrecht: Werkvertragsnehmerinnen unterliegen natürlich keinem Kollektivvertrag. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Sonderzahlungen oder Urlaubs- und Krankenstandsfortzahlungen. Als Selbständige trägt sie selbst jegliches Risiko.

Lohnnebenkosten: Lohnnebenkosten fallen keine an. Die Honorarnoten der Werkvertragsnehmerin werden in der Buchhaltung als Fremdleistungen erfasst.

 

Was, wenn ich den falschen Vertrag eingehe?

Dienstverträge versus Werkverträge

 

Für Unternehmen ist es sehr verlockend, Mitarbeiterinnen auf Werkvertragsbasis zu beschäftigen. Immerhin ist das die einzige Möglichkeit die hohen Lohnnebenkosten einzusparen.
Allerdings kann fachlich korrekt nicht von „Mitarbeiterinnen“ gesprochen werden. Denn spätestens jetzt ist klar, dass Werkvertragsnehmerinnen rechtlich gesehen Auftragnehmerinnen und keine Mitarbeiterinnen sind. Also Unternehmerinnen, denen Sie als Unternehmen einen Auftrag erteilen.

Und genau aus diesem Grund ist hier Achtung geboten. Denn natürlich wird das auch von der Finanz und von der Pflichtversicherung so gesehen! Bei einer GPLA – also einer Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben –wird sehr häufig geprüft, ob die bestehenden Werkverträge bzw. die Fremdleistungen auch wirklich die Kriterien erfüllen. Wenn sie das nicht tun, wird ein verdecktes Dienstverhältnis angenommen. In so einem Fall muss das Unternehmen die entsprechenden Abgaben (also im Wesentlichen Lohnnebenkosten und Sozialversicherung) nachzahlen! Möglich ist auch, dass es zu einem Finanzstrafverfahren kommt.

 

Im Rahmen einer GPLA wird bei Werkverträgen folgendes geprüft:
– Hat die Werkvertragnehmerin einen Gewerbeschein und passt er auch zur geplanten Tätigkeit?
– Hat die Werkvertragnehmerin auch andere Auftraggeberinnen?
– Hat sie eine Webseite bzw. anderes Werbematerial, um ihre Leistungen öffentlich anzubieten?
– Ist sie bei der GSVG gemeldet?

Wenn diese Kriterien erfüllt sind und sie die obigen Fragen mit „ja“ beantworten können, dann liegt definitiv ein Werkvertrag vor, der auch der GPLA standhält.

 

Echter versus freier Dienstvertrag: Im Rahmen einer GPLA werden häufig auch alle Dienstverträge geprüft. Das heißt es ist auch zu prüfen, ob wirklich freie Dienstverträge vorliegen oder nicht vielleicht doch ein echtes Dienstverhältnis gegeben ist. Gerade zwischen diesen beiden Vertragsarten besteht ein sehr schmaler Grat der unterschiedlich ausgelegt werden kann. Aus arbeitsrechtlicher Sicht macht es für Dienstnehmerinnen aber sehr wohl einen Unterschied. Die echte Dienstnehmerin hat Anspruch auf Fortzahlungen bei Urlaub und Krankheit, während die freie Dienstnehmerin das volle Ausfallsrisiko trägt. Das kann besonders bei (alleinerziehenden!) Müttern eine Belastung darstellen. Auch als Unternehmen muss man sich hier überlegen, welche Rahmenbedingungen man seinem Team anbieten will.

Achtung
: Auch hier kann es im Rahmen einer Prüfung zu Nachzahlungen kommen!

 

Arbeitgeberin versus Arbeitnehmerin: Natürlich kann es nicht nur von Seiten der Finanz oder Sozialversicherungsträger zu Problemen kommen, wenn man bei der Wahl des Vertrages nicht genau die Kriterien geprüft hat. Es gibt auch ein Drohszenario, das von den Dienstnehmerinnen ausgehen kann. So kann z.B. eine freie Dienstnehmerin sich vor dem Arbeitsgericht beschweren und einen echten Dienstvertrag verlangen.

 

Das sollten Sie sich unbedingt merken: Welche Verträge Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen abschließen ist keine freie Entscheidung sondern an gesetzliche Normen gebunden.

 

Autorinnen:

Isabelle Starkbaum, Yvonne Reif
@ Heller Consult Tax and Business Solutions GmbH.

Das 20-köpfige Team aus Steuer- und Unternehmensberaterinnen mit Sitz in Wien betreut KlientInnen nach dem Motto: Heller Consult macht Ihr Unternehmerleben HELLER!

 

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