Eigentlich steht ein neuer Praxistest am Redaktionsplan. Aber wie es Thomas Eggert auf seinem noch-ein-hr-blog schreibt: „man kommt an dem Thema derzeit nicht vorbei …“ Flüchtlinge und Asylwerberinnen. Er stellt auch gleich die Frage, was das jetzt mit Personalthemen zu hat und behauptet: „Sehr viel!“ Und was hat das jetzt mit Recruiting und Personalmarketing zu tun? Auch sehr viel behaupte ich und damit meine ich gar nicht, dass jetzt viele Unternehmen zeigen, was Menschlichkeit bedeutet und z.B. die ÖBB plötzlich die Chance hat (und diese auch wahrnimmt) das Unternehmensimage und somit auch die Employer Brand aufzuwerten (siehe Artikel „Dies ist nicht die Zeit für Dienst nach Vorschrift“), sondern, dass Recruiterinnen jetzt auch zeigen könnten, was machbar und möglich ist.
Und schon sind wir mitten drin in der Problematik.
Definition Flüchtling
Nach internationalem Recht ist ein Flüchtling eine Person, die sich außerhalb ihres Heimatlands befindet und eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Meinung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hat.
Definition Asylwerberin
Asylwerber und Asylwerberinnen sind Menschen, die in einem fremden Land um Asyl, also um Aufnahme und Schutz vor Verfolgung angesucht haben und deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Im Asylverfahren entscheidet sich, ob die asylsuchende Person internationalen Schutz bekommt und damit als Flüchtling gilt.
Flüchtlinge müssen ihre Heimat verlassen, weil ihnen in ihrem Herkunftsland Gefahr droht. Menschen, die sich noch im Asylverfahren befinden, sind während dieser Zeit Asylsuchende bzw. werden sie gleichbedeutend auch Asylwerber genannt. Wenn im Asylverfahren festgestellt wurde, dass im Herkunftsland tatsächlich Verfolgung droht, werden Asylsuchende als Flüchtlinge anerkannt und dürfen in Österreich bleiben.
Definition Migrantinnen
Der wesentliche Unterschied von Flüchtlingen und Migranten besteht darin, dass Migranten in ihrem Herkunftsland keine Verfolgung droht und sie jederzeit in ihr Heimatland zurückkehren können. Sie kommen in den meisten Fällen, um ihre persönlichen Lebensbedingungen zu verbessern, um zu arbeiten oder aus familiären Gründen. Manche Migranten verlassen ihre Heimat aber auch aufgrund extremer Armut und Not – diese Menschen sind aber nach den Gesetzen grundsätzlich keine Flüchtlinge.
Dürfen Asylsuchende in Österreich arbeiten?
DE-FACTO NEIN. Innerhalb der ersten Monate nach Asylantragstellung unterliegen Asylsuchende einem Beschäftigungsverbot. Erst drei Monate nachdem sie zum Asylverfahren zugelassen worden sind, können sie theoretisch eine Beschäftigungsbewilligung erhalten. Dies ist in der Praxis für Asylsuchende jedoch nahezu unmöglich, da sie auch dann lediglich als Erntehelferinnen oder als Saisonarbeitskräfte arbeiten dürfen.
Haben Asylsuchende in Österreich Zugang zum Arbeitsmarkt?
Für Asylsuchende ist es kaum möglich, eine Arbeitsbewilligung zu bekommen. Laut Ausländerbeschäftigungsgesetz dürften Asylsuchende zwar nach drei Monaten arbeiten, einen uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang erhalten diese aber erst nach positivem Abschluss des Asylverfahrens, wenn sie als Flüchtlinge anerkannt wurden bzw. „subsidiären Schutz“ erhalten haben. In der Praxis können Asylsuchende nur gemeinnützige Arbeiten annehmen, weil dafür keine Arbeitsbewilligung notwendig ist. Dazu zählen zum Beispiel die Instandhaltung öffentlicher Gebäude oder die Pflege von Grünanlagen. Für diese Tätigkeiten bekommen Asylsuchende einen so genannten Anerkennungsbeitrag von wenigen Euro pro Stunde. Finanziell können sich Asylsuchende dadurch nicht absichern. Erst, wenn das Asylverfahren positiv abgeschlossen und eine Person in Österreich als Flüchtling anerkannt ist oder subsidiären Schutz bekommen hat, erhält sie freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Für minderjährige Asylsuchende, die bisher keine Lehre absolvieren durften, wurde vor einiger Zeit der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert. Sie dürfen nun mit gewissen Einschränkungen eine Lehre absolvieren.
Quelle: www.unhcr.at
Was also tun, wenn man als Unternehmen gerne einem Asylwerber oder Flüchtling einen Job anbieten möchte?
In einem aktuellen Kurier Artikel wird erläutert, wer in Österreich arbeiten darf und wer nicht. „Zudem sei die Möglichkeit zu arbeiten die beste Form von Integration.“ Wird unter anderem Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, zitiert.
Ähnlich der Tenor eines Artikels auf standard.at – Gregor Hoch, Vorsitzender der österreichischen Hoteliervereinigung: „Ich sehe Menschen, die arbeiten möchten, und solche, die Arbeit zu vergeben hätten. Warum bringt man die nicht zusammen?“.
SOS Mitmensch betont ebenfalls die Wichtigkeit von Arbeit für eine erfolgreiche Integration.
Ich kann dem nur zustimmen. Dass es Regelungen und gesetzliche Vorschriften gibt ist klar. In den meisten Fällen auch notwendig und sinnvoll. Aber müssen es bürokratische Hürden sein? Wäre es nicht sinnvoller pragmatisch vorzugehen? Es gibt diverse (auch private Initiativen), die z.B. Deutschkurse anbieten. Könnten sich nicht einige Unternehmen aus einer Branche zusammen tun und jeweils einem Mensch die Möglichkeit auf Beschäftigung geben? Begleitend von einem Deutschkurs und evtl. noch einer fachlichen Zusatzqualifizierung? Die Kosten wären wohl überschaubar, Mitarbeiterinnen schnell einsatzbereit und eine Win-Win Situation könnte entstehen. Vielleicht ist bei dem einen oder anderem Unternehmen sogar schon eine Person, die selbst aus einem der Herkunftsländer nach Österreich gekommen ist tätig und kann eine Art „Patenschaft“ übernehmen?
Kann der „Kompetenzcheck zur beruflichen Integration von anerkannten Flüchtlingen“ durch das AMS eine Lösung sein? Auf der AMS Website findet sich aktuell leider keine Info, weder für Flüchtlinge noch für Unternehmen. Ich habe daher eine Anfrage per E-Mail geschickt und wurde (noch am selben Tag!) von einer Mitarbeiterin angerufen. Inhalte des Telefonates: „Sie bekommen noch ein Schreiben, zuständig ist aber die Ausländerabteilung – bitte anrufen und durchstellen lassen und Infos gibt es auch beim Asylamt. Das AMS macht eh viel.“ Aber was genau und wie können hier Arbeitssuchende und Unternehmen möglichst schnell vernetzt werden? Vielleicht kommt die Info ja noch, ich halte Sie am Laufenden.
Machen wir uns stark – eine Petition für den Zugang zum Arbeitsmarkt von Asylwerbern. Die Kampagne von SOS Mitmensch, Integrationshaus und M Media hat eine Reihe von (auch prominenten Unterstützerinnen) und hat zumindest eine teilweise Öffnung der Lehre für minderjährige Asylsuchende erreicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Recruiting (und auch gerne aus anderen Bereichen) – was fällt euch dazu ein? Welche Ideen habt Ihr, den Arbeitsmarkt so zu gestalten, dass möglichst viele Beteiligte eine positive Auswirkung haben? Gab es vielleicht in der Vergangenheit schon Initiativen, die gut funktioniert haben?
Ich freue mich auf Berichte und Anregungen!
Herzliche Grüße
Claudia
Claudia
Update: habe ein Mail vom AMS erhalten mit dem Link auf eine Seite mit Informationsblättern …