„Hire for attitude train skills“ so bringt es das Whitepaper von Prescreen auf den Punkt. Eine Einstellung, die ich ganz persönlich sehr schätze und die ich nicht nur Start ups ans Herz legen möchten.
Ich hatte diese Woche wieder einmal das Vergnügen, dem vermutlich bekanntesten Gründer Österreichs zu begegnen, Damian Izdebski, Gründer von DiTech und seit kurzem mit techbold wieder als „Jungunternehmer“ unterwegs. Vor einigen Jahren habe ich ihm, gemeinsam mit vielen anderen Personalistinnen, bei den Erzählungen über seine Erfahrungen über den Einsatz von facebook im Marketing zugehört und sehr gelacht bei der Aussage „wir haben alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte„. Was ich damals aber für das Thema Personalmarketing mitgenommen habe, war sein Ansatz zum Thema Budget. Er hat das Marketingbudget umgeschichtet und nicht erhöht. Und – jetzt stockt vermutlich den meisten HRlerinnen immer noch der Atem – vor allem in eine Ressource investiert: nämlich in Mitarbeiterinnen. Ich kann mich nicht mehr an den % Satz erinnern, aber er hat Anteile des Gehaltes von einigen Mitarbeiterinnen als Marketingbudget gesehen. Kennt wer eine HR Abteilung, wo es das analog zum Personalmarketing gibt?
Er hat also in Mitarbeiterinnen investiert, die die Social Media Profile betreut haben und nicht nur Aktionen und Angebote gepostet haben. Seither sind ein paar Jahre vergangen und ich weiss nicht, wie oft ich diese Beispiel schon bei Social Media Workshops erzählt habe. Trotzdem ist vor allem im HR Bereich das Erstaunen immer wieder gross. Wer also meint, wir posten ein paar Stellenangebote auf facebook und nennen das ganze Social Media Recruiting, sollte die nächste Gelegenheit ergreifen und Damian Izdebski lauschen.
Diese Woche ging es aber nicht um die ersten Versuche im Social Media Bereich sondern er hat erzählt, wie es zur DiTech Pleite gekommen ist (und wie er es sich leisten konnte, danach 3 Monate in den USA zu verbingen, ja ich gebe zu, da war ich neugierig, falls es noch jemanden interessiert, hier gibt es sein Buch 😉 sondern auch, was ihm bei der Einstellung von neuen Mitarbeiterinnen am wichtigsten ist, nämlich: „Mitarbeiter zu finden, die nicht nur für Geld sondern für die Idee arbeiten.“ Dem kann ich auch recht viel abgewinnen und vielleicht zählt das für Start ups in einem noch größeren Ausmass als für bereits bestehende Unternehmen.
Die meisten Start ups wie z.B. kununu, whatchado, runtastic, die ich heute nicht mehr als Start up bezeichnen würde, aber auch aktuelle Beispiele, wie zum Beispiel jobswipr oder treats, werden gemeinsam mit Freundinnen und/oder Studienkolleginnen gegründet. Und irgendwann kommt (hoffentlich) der Punkt, wo es nicht mehr ausreicht, sich im eigenen Freundeskreis umzuhören und schon hat man eine Software-Entwicklerin oder eine Sales Spezialistin an der Hand. Dann gilt es, Kolleginnen zu finden, die einerseits genau die richtige fachliche Qualifikation mitbringen und andererseits den perfekten „Teamfit“, von der Begeisterung für die Idee ganz abgesehen.
Doch wie sollen die Gründerinnen, die sich ja schon mit Dingen wie Buchhaltung, Steuern, und in erster Linie mit der Entwicklung des eigenen Produkts oder der Dienstleistung etc. herumschlagen, eigentlich herausfinden, wer das alles mitbringt? Geld ist meist knapp, daher ist die Möglichkeit, sich vertrauensvoll an eine Personalberatung zu wenden in den wenigsten Fällen möglich. Social Media Recruiting vielleicht? Gute Idee, aber dazu braucht es Know How in den Bereichen Social Media und im Recruiting (das haben oft größere Unternehmen nicht einmal). In den meisten Fällen wird dann eben jemand gefragt, der jemanden kennt und der … 😉
Ich werde demnächst ein paar Praxisbeispiele bringen, vielleicht kann sich ja die eine oder andere Gründerin etwas abschauen (und für die das eine oder andere schon länger bestehende Unternehme ist vielleicht auch eine Anregung dabei).
Start ups haben aber durchaus einen kleinen Startvorteil im Recruiting. Sie können Bewerbungen über den Content erhalten, also über die jeweilige Geschäftsidee. Entsprechende Berichte werden üblicherweise da veröffentlicht, wo sich auch die potentielle Zielgruppe aufhält. Habe ich also zB Interesse an FinTechs, dann lese ich hier auch entsprechende Artikel. Und bin ich dann auch gerade auf Jobsuche riskiere ich schon mal einen Blick auf die Website und schaue nach, ob da vielleicht schon jemand gesucht wird. Und wenn ich wirklich von der Idee überzeugt bin, bewerbe ich mich vielleicht einfach initativ. Doch bin ich als Bewerberin nicht von der Unternehmensidee überzeugt, werde ich nicht das Risiko eingehen und einen, machen wir uns nichts vor, unsicheren Job annehmen.
In der Praxis verhält es sich mit der Candidate Experience übrigens gleich gut oder schlecht unabhängig davon, ob es sich um ein Start up handelt, bei dem man sich bewirbt oder nicht. Ich habe vor kurzem berichtet, wie es einem bei der Jobsuche so gehen kann.
Hier zwei weitere Beispiele:
Start up 1: Potentieller Bewerber lernt bei einer Veranstaltung einen Gründer kennen, findet die Idee gut, sieht sich die Website an. Und findet eine Jobausschreibung, cool geschrieben, interessantes Umfeld, interessanter Job. Qualifikation für die Funktion ist übrigens vorhanden, tut aber in diesem Fall gar nix zur Sache. Bewerbungen sind nur über ein Onlineformular möglich. Wird ausgefüllt, abgeschickt und dann – passiert nichts, 3 Wochen lang. Kontaktmöglichkeit zum Nachfragen? Gibt’s nicht. Was macht der Bewerber? Genau, er ärgert sich und schon findet er das Produkt auch gar nicht mehr so cool. Schade!
Start up 2: Potentieller Bewerber liest einen Artikel über ein Start up. Sieht sich ebenfalls die Website an. Auch hier gibt es gerade ein passendes Joboffer. Ein Bewerbungsbutton, der verlinkt ist mit einer E-Mail. Unterlagen werden geschickt. Anruf am nächsten Tag, ein paar Tage später das erste Gespräch. Nach 3 Runden innerhalb von 2 Wochen ist klar, das passt, der Vertrag wird unterschieben.
Mein persönliches Fazit: das Recruiting in Start ups funktioniert gleich gut oder schlecht wie in allen anderen Unternehmen auch. Wer mehr darüber wissen möchte, kann nächste Woche beim HR Brunch hören, was Judith Oldekop, Head of HR des Schweizer E-Commerce Start up siroop über „Recruiting von 0 auf 100 in 3 Sekunden“ berichtet. Und alle, die nicht dabei sein können, müssen jetzt nicht traurig sein, wir berichten über Twitter und natürlich auf recruitingpraxis.
Herzliche Grüße
Claudia
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